Der Mythos Einstiegsdroge

Ein frischer Haufen Hundekacke haftet an der Schuhsohle nicht halb so fest wie das Cannabis-ist-eine-Einstiegsdroge-Klischee in den Köpfen vieler Nichtkonsumenten. Ich weiß das deswegen so genau, weil ich selber schon unzählige Gespräche über das Thema geführt habe. Natürlich mit Menschen die gegen das Kiffen sind, die kennen nämlich meistens einen der mit Joints angefangen hat und inzwischen nur noch Koks spritzt. Oder so. Schlimme Sache jedenfalls, Einstiegsdroge eben. Ich bin ein nettes Mädchen, aber es fällt mir immer schwer nicht die Augen zu verdrehen, wenn als Argument gegen Cannabiskonsum die Einstiegsdrogenproblematik ins Spiel kommt, unter anderem weil diese Theorie in Deutschland offiziell seit über zwei Jahrzehnten widerlegt ist.

Eine Untersuchung der National Survey on Drug Use and Health (NSDUH) von 2012 ergab, dass 60 Prozent der Kiffer auch andere Drogen ausprobierten. Allerdings griffen 88 Prozent der Drogenkonsumenten zuerst zum Alkohol. Die Internetseite Treatment4Addiction hat die Regierungsstudie analysiert und die Ergebnisse zeigen, dass Alkohol viel häufiger dem Konsum anderer Drogen vorangeht als Marihuana.

Diese Grafik zeigt welche Drogen Konsumenten ausprobiert wurden bevor und nach dem Konsum einer bestimmten Substanz. Um das Ergebnis zu sehen klickt auf das jeweilige Kästchen.

 

Klickt man auf Marihuana kann man sehen, dass 65% der Konsumenten vorher Alkohol getrunken haben und nur 19% Cannabis als erste Droge ausprobiert haben. 40% der Kiffer probierten keine weiteren Drogen aus, 17% griffen zu Alkohol und 43% haben andere Drogen ausprobiert.

Alkohol hingegen war in den meisten Fällen die erste Erfahrung mit Rauschmitteln – 88% haben zuvor keine anderen Substanzen ausprobiert. Ein Drittel der Alkoholkonsumenten hat als nächstes gekifft, 50% probierten nichts weiter aus.

Diese Analyse zeigt also, dass Cannabis nicht als Einstiegsdroge bezeichnet werden kann, wobei der Begriff „Einstieg“ insofern problematisch anzusehen ist, als das die Wissenschaft uns lehrt, dass Korrelation nicht Kausalität bedeutet. Wer grundsätzlich bereit ist im Rauschmittel-Menü zu blättern bestellt nicht zwangsläufig alles und den Rest nicht unbedingt in einer bestimmten Reihenfolge. In einem Artikel über die NSDUH Studie erklärt The Altantic, dass Marihuana genauso wenig ein Einstieg zu harten Drogen wie eine Vorspeise ein Einstieg in die Hauptspeise ist – das eine kommt vor dem anderen, aber nur weil man sowieso schon im Restaurant sitzt. Miriam Boeri, Professorin an der Bentley Universität in Massachusetts glaubt nicht, dass der Konsum einer Droge zu einer anderen führt, sondern vielmehr Armut, Psychische Krankheiten oder Gruppenzwang die stärkeren Prädiktoren für einen Drogenkonsum seien.

Denise Kandel von der Columbia Universität die den Begriff „Einstiegsdroge“ vor 40 Jahren prägte, fand neulich heraus , dass Nikotin biologisch die meiste Voraussetzung als solche hätte. Versuchstiere deren man vorher Nikotin verabreicht hat, mochten Kokain mehr als die anderen Nager.